Zwischen Verantwortung und Infrastruktur: KI, (Social) Media und Forschung

Rückblick auf die Paneldiskussion im Lichthof des Hauptgebäudes der HU Berlin am 2. Juni 2025

Am 2. Juli 2025 lud das Interdisziplinäre Zentrum für Digitalität der Humboldt-Universität zu einer spannenden Podiumsdiskussion ein. Im Fokus standen die Wechselwirkungen von Künstlicher Intelligenz (KI), (Social) Media und Forschung. Die Veranstaltung brachte Expert:innen aus verschiedenen Disziplinen zusammen, um die Auswirkungen von KI auf Forschungspraxis, gesellschaftliche Verantwortung und digitale Infrastruktur interdisziplinär zu reflektieren. Unter der Moderation von Shintaro Miyazaki (Medienwissenschaft, HU) diskutierten Martin Emmer (Weizenbaum-Institut), Georg Rehm (DFKI und HU), Malte Dreyer (CMS), Mira Wallis und Alexander Harder (Institut für Europäische Ethnologie) über Herausforderungen und Chancen in Zeiten KI und digitaler Diskursräume.

Forschung im Wandel: KI: Werkzeug, Thema und Risiko

Die Diskussion begann mit vier Impulsvorträgen, die verdeutlichten, dass KI längst nicht mehr nur Forschungsgegenstand, sondern auch ein zentrales Werkzeug der Wissenschaft ist. Martin Emmer betonte die Bedeutung langfristiger quantitativer Studien zur politischen Kommunikation, wies aber auf strukturelle Hürden an Hochschulen hin. Georg Rehm forderte mehr Transparenz bei Sprachdatenräumen und kritisierte die mangelnde Vielfalt und Nachvollziehbarkeit aktueller Benchmarks großer Sprachmodelle. Malte Dreyer hob hervor, dass erfolgreiche KI-Forschung vorausschauende Infrastrukturplanung benötigt und ethische Fragen bei der Entwicklung zentral sind. Mira Wallis und Alexander Harder stellten ethnografische Perspektiven auf digitale Alltagsarbeit vor: Ein zentrales Thema war die Unsichtbarkeit der Arbeitsbedingungen hinter KI: Das Training großer Modelle basiert oft auf urheberrechtlich geschützten Werken und der Arbeit schlecht bezahlter Kräfte im globalen Süden, die schädliche Inhalte filtern. Diese Aspekte werden in ethischen Debatten häufig ausgeblendet.

Zwischen Verantwortung und Gestaltung: Die Rolle der Hochschulen

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, wie komplex das Spannungsfeld zwischen technologischem Fortschritt, gesellschaftlicher Verantwortung und institutionellen Strukturen ist. Malte Dreyer sprach von einem „Wettrüsten der Infrastrukturen“, bei dem Universitäten kaum mithalten könnten. Digitale Kompetenz sei essenziell. Georg Rehm stellte die Souveränität der Hochschulen infrage, wenn Tech-Konzerne Standards diktieren. Martin Emmer thematisierte den Paradigmenwechsel im wissenschaftlichen Arbeiten, wenn KI zur Co-Autorin wird. Während Alexander Harder betonte, dass Lehre nicht nur Prompt-Kompetenz vermitteln, sondern auch kritisches Denken und Schreiben fördern müsse.

Zentrale Empfehlungen aus dem Gespräch

Aus der Diskussion lassen sich mehrere Handlungsempfehlungen ableiten:

  • Digitale Mündigkeit fördern: Bildungseinrichtungen sollten digitale Kompetenzen und ein tiefes Verständnis für die sozialen und globalen Auswirkungen digitaler Technologien vermitteln.
  • KI als Forschungspartner kritisch reflektieren: Universitäten sollten KI nicht nur als Werkzeug, sondern auch als Gegenstand kritischer Analyse begreifen – inklusive Fragen zu Urheberschaft, Fairness und Arbeitsaufwand.
  • Offene und nachhaltige Infrastrukturen schaffen: Europäische Forschung braucht transparente, nachhaltige und offene Infrastrukturen, um unabhängig zu bleiben.
  • Benchmarking neu denken: Die Bewertung von KI sollte auf nachvollziehbaren, diversitätssensiblen Standards basieren.
  • Lehre weiterentwickeln: Interdisziplinäre Formate, Ethikmodule und ein Fokus auf kritisches Denken sind nötig, um Studierende auf die Veränderungen durch KI vorzubereiten.
  • Verantwortung übernehmen: Hochschulen müssen ihre doppelte Verantwortung als Nutzerinnen und Entwicklerinnen von KI-Technologien institutionell und ethisch leben.

Fazit

KI verändert Forschung, Lehre und Gesellschaft auf technischer, struktureller und kultureller Ebene. Universitäten stehen vor der Aufgabe, diese Entwicklungen aktiv mitzugestalten – nicht nur zu begleiten. Es reicht nicht, auf Risiken hinzuweisen: Es gilt, Gestaltungsmacht einzufordern und Verantwortung sichtbar zu übernehmen.

Cite as: Eliza Mandieva: Zwischen Verantwortung und Infrastruktur: KI, (Social) Media und Forschung – Rückblick auf das Panel an der HU Berlin. In: IZ D2MCM Blog [Weblog], 31.07.2025. URL: https://izd2m.hu-berlin.de/blog-posts/2025/07/31/bp-panel-discussion.html.